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„Inklusion – Perspektiven für Ausbildung und Arbeit“: Di-Ji berichtet von Fachtagung des bbw Südhessen
Dienstag, den 05. November 2013 um 11:09 Uhr
Mehr als 300 Teilnehmer haben sich in der vergangenen Woche bei der Fachtagung des Berufsbildungswerkes (bbw) Südhessen mit der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen im Arbeitsleben beschäftigt. Die Tagungsgäste sollten mit Blick darauf „von den Besten lernen“, so die Überschrift. Zahlreiche Experten und Menschen aus der Praxis warfen einen Blick darauf, welche Fortschritte im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) schon gemacht sind und stellten nachahmenswerte Beispiele aus dem Berufsalltag vor. Doch auch Versäumnisse kamen offen zur Sprache.
So sagte etwa Alfons Adam, Konzernschwerbehindertenvertreter bei der Daimler AG: „Mein Gefühl ist, dass das Thema Inklusion in der Arbeitswelt noch nicht angekommen ist.“ Er diskutierte gemeinsam mit Richard Fischels vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Dr. Uwe Gaßmann (Vereinigung der Arbeitgeberverbände energie- und versorgungswirtschaftlicher Unternehmungen), Dr. Andreas Jürgens (Landeswohlfahrsverband Hessen), Barbara Vieweg (bifos e.V.), Kirsten Vollmer (Bundesinstitut für Berufsbildung) und Peter Weißler (Bundesagentur für Arbeit) über die Frage „Was braucht der Arbeitsmarkt, damit Inklusion Wirklichkeit werden kann?“.
„Nur ein Tropfen auf den heißen Stein“
„Wir haben in sieben Jahren über 200 schwerbehinderte Jugendliche ausgebildet“, schilderte Adam, „aber wenn man sieht, wie viele da noch draußen stehen, ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Inklusion koste noch immer sehr viel Überzeugungsarbeit.
Das Podium betrachtete die Entwicklungen der vergangenen Jahre insgesamt positiver als Adam. Größtenteils waren sich die Diskutanten darin einig, dass es Arbeitgebern, die einen schwerbehinderten Menschen beschäftigen möchten, an Fachwissen fehlt. Sie stünden oft vor einem zu großen Bürokratieaufwand. „Bundesagentur für Arbeit, Jobcenter, Integrationsamt – es gibt zu viele unterschiedliche Ansprechpartner“, meinte auch Dr. Andreas Jürgens. Eine zentrale Anlaufstelle – gerade für kleinere und mittlere Unternehmen – könnte es den Arbeitgebern aus Sicht der Podiumsteilnehmer einfacher machen. Doch dies war naturgemäß nur eins von zahlreichen angeschnittenen Handlungsfeldern.
Was wurde bisher erreicht?
Dr. Sigrid Arnade, die Geschäftsführerin der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. (ISL), beleuchtete den Stand der Umsetzung der UN-BRK in Deutschland ausführlich in ihrem Vortrag. Sie ist aktuell auch Sprecherin der BRK-Allianz und hat in New York an den Beratungen zur BRK teilgenommen. Ihr vorläufiges Resümee lässt sich mit ihrer folgenden Feststellung zusammenfassen: „Von den Vorgaben der Behindertenrechtskonvention sind wir noch weit entfernt.“ Es müsse mehr Gas gegeben werden bei der Realisierung der Menschenrechte. Der ausführliche Bericht der BRK-Allianz mit einer kritischen Betrachtung aller Vorgaben der BRK ist online abrufbar, auch in Deutscher Gebärdensprache. Im nächsten Jahr kommt die Umsetzung der BRK in Deutschland im UN-Fachausschuss auf den Prüfstand.
Best Practice-Beispiele
Bei der Tagung fehlten gleichwohl die guten Beispiele, die „Leuchttürme“, wie Dr. Uwe Gaßmann sie nannte, nicht: Cemal Ates, Malermeister aus Berlin, beschäftigt einen lernbehinderten und einen gehörlosen Azubi und wurde für sein Engagement mit dem Integrationspreis 2012 ausgezeichnet. Torsten Brinkmann entwickelt und vertreibt barrierefreie Dokumenten-Management-Systeme und Webseiten – und lebt Inklusion auch im eigenen Unternehmen Main IT, in dem er sechs Mitarbeiter mit Behinderungen beschäftigt. Jobcoach Christian Quinke stellte die Arbeit von Auticon vor – einem Beratungsunternehmen, das die speziellen Fähigkeiten von Asperger-Autisten für Software-Tests nutzt. Außerdem berichteten Sarah Rotaru und Kevin Sari aus dem Büroalltag des querschnittsgelähmten Bauzeichner-Azubis im Architekturbüro Feldmann.
Zu den Schilderungen und positiven Erfahrungen der „Leuchtturm“-Arbeitgeber passt möglicherweise zusammenfassend, was bbw-Geschäftsführerin Renée Seehof zu Beginn der Tagung postulierte: „Inklusion kann gelingen, wenn wir sie wollen.“
Zu der Fachtagung „Inklusion – Perspektiven für Ausbildung und Arbeit. Von den Besten lernen“ des bbw Südhessen gibt es einen Internetauftritt mit weiteren Informationen. Auch im Webauftritt des Projekts "Digitale informiert - im Job integriert" finden Sie Informationen zu inklusiven (digitalen) Arbeitsplätzen.