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„Inklusion in Alltag und Arbeitsleben“: Di-Ji ist bei Tagung der Antidiskriminierungsstelle dabei
Mittwoch, den 19. Juni 2013 um 14:11 Uhr
Bei der Fachtagung „Selbstbestimmt dabei. Immer. – Inklusion in Alltag und Arbeitsleben“ hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) drei bislang unveröffentlichte Studien samt Empfehlungen für Gesellschaft und Politik vorgestellt.
Die Untersuchungen befassten sich mit den Themen „Barrierefreie Dienstleistungen – Benachteiligung von behinderten Menschen beim Zugang zu Dienstleistungen privater Unternehmen“, „Schutz vor Benachteiligung aufgrund chronischer Krankheit“ und „Zugang zum ersten Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung“.
Letzeren bezeichnete der Studienleiter Prof. Ernst von Kardorff, Humboldt-Universität Berlin, als „extrem schwer“. Die Beschäftigungssituation schwerbehinderter Arbeitnehmer habe sich trotz guter rechtlicher Rahmenbedingungen, umfangreicher und differenzierter Hilfen sowie Initiativen und Förderprogrammen nur unwesentlich verbessert, heißt es zum Hintergrund der Studie.
Menschen mit Behinderungen kämpfen im Berufsleben mit vielen Vorurteilen
Den Studienergebnissen zufolge sehen sich Menschen mit Behinderungen und psychisch oder chronisch Kranke unter anderem vielen Vorurteilen ausgesetzt: Seitens der Arbeitgeber bestünden vielfach Vorbehalte – und teilweise auch massive Defizitunterstellungen.
Durch Einsatz technischer Hilfen und barrierefreie Gestaltung der Arbeitsplätze kann eine Beschäftigungsquote von mehr als 9 Prozent erreicht werden, wie gute Beispiele zeigen. Vielfach sind Umgestaltungsmöglichkeiten und vom Gesetzgeber hierzu bereit gestellte (auch finanzielle) Hilfe insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen jedoch nicht bekannt. Information über Hilfen am Arbeitsplatz in Bezug auf Informations- und Kommunikationstechnologie stellt das Projekt "Digital informiert - im Job integriert" bereit.
Die Verfasser der Untersuchung der HU Berlin fordern unter anderem eine Neufassung des Schwerbehindertenbegriffs, die Entwicklung eines Index für Inklusion für die Arbeitswelt und verbesserte Information über die Einsatzmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen.
Auch eine Diskussion zwischen den behindertenpolitischen Sprechern der Bundestagsfraktionen CDU, Grüne, Linke und SPD, dem Studienkoordinator Prof. Kardoff und Hannelore Loskill, der Vorsitzenden des Sprecherrates des Deutschen Behindertenrates, befasste sich mit der Frage, wie die Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderungen erhöht werden kann – durch steuerliche Anreize oder höhere Ausgleichszahlungen?
Die Runde diskutierte anknüpfend an die vorgestellten Studienergebnisse unter anderem auch darüber, ob chronische Erkrankungen wie etwa HIV in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) aufgenommen werden sollen – damit Betroffene sich ebenso auf den Diskriminierungsschutz berufen können wie Menschen mit Behinderungen.
Beispiele aus der Praxis rütteln auf
Besonders nachhaltige Impulse für die Diskussionen gaben die Menschen, die auf dem Podium zuerst an der Reihe gewesen waren: Männer und Frauen, die darüber berichteten, wie Menschen mit Behinderung oder einer chronischen Erkrankung im Alltag oder im Beruf diskriminiert werden. Die Gäste schilderten einige Beispiele aus eigener Erfahrung oder ihrer Beratertätigkeit heraus: vom Kampf mit Leistungsträgern oder Versicherungen über den Arbeitsplatzverlust bis hin zur schwierigen und mitunter zermürbenden Arbeitsplatzsuche.
Schicksale wie diese waren wohl auch die Grundlage für die Forschungsarbeiten im Auftrag der ADS. Denn: „Bei den Studien muss es uns immer um die Konkretisierung gehen“, unterstrich die Leiterin der ADS, Christine Lüders.
Die Fachtagung mit rund 100 Teilnehmern war Teil des Themenjahres "Selbstbestimmt dabei. Immer.", das die ADS gemeinsam mit dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Hubert Hüppe, durchführt. Er kam zum Grußwort zur Veranstaltung und zeigte sich erfreut, dass auch Vertreter der Politik dabei waren: „Wir müssen jetzt schon die Parteien darauf prüfen, was sie in Koalitionsverträge schreiben wollen. Ich hoffe, dass das Thema ‚Menschen mit Behinderungen‘ dort auch einen wichtigen Punkt darstellen wird.“
Christine Lüders forderte: „Teilhabe muss selbstverständlich werden. Wir müssen die Barrieren im Kopf abbauen und die Gesetze verbessern.“